Kapitel 4: Die ersten Jahre

An die ersten drei Lebensjahre kann ich mich nicht erinnern, wie wohl die meisten Menschen. Es gibt zahlreiche Fotos aus dieser Zeit und die Geschichten dazu, die mir meine Eltern erzählt haben. Eines dieser Fotos zeigt mich als kleines Baby. Da bin ich erst ein paar Monate alt. Ich liege auf einer Decke auf dem Wohnzimmerboden. Neben mir liegt mein Bruder. Ein kleiner Junge mit vier Jahren. Unter dem Bild hat meine Mama geschrieben: Andreas passt auf Thorsten auf. Als Kind, also zu der Zeit, als ich mich dann schon erinnern konnte, dachte ich immer, wenn ich diese Bild sah: Wow! Meine Eltern hatten ja ein riesiges Vertrauen in meinen Bruder, der mich alleine betreut, während meine Eltern vielleicht gerade irgendwo etwas einkaufen sind oder im Garten oder sonst wo. Mein großer Bruder musste stolz darauf sein, dachte ich lange. Erst lange Zeit später, als ich so acht oder neun Jahre alt war, dachte ich mir dann, wer hat denn dann bitte das Foto gemacht? Er hat doch alleine auf mich aufgepasst und einen Selbstauslöser gab‘s an unseren Fotoapparaten nicht?

Das erste Ereignis, an dass ich mich noch zurück erinnern kann, war mein dritter Geburtstag. Die Erinnerung beginnt damit, dass ich in der Küche spielte. Ich hatte einen Zirkuswagen von Playmobil geschenkt bekommen.  Das ich dabei drei Jahre alt wurde, war mir mein ganzes Leben so bewusst, bis ich jetzt gerade einmal recherchiert habe und feststellen musste, dass der Zirkuswohnwagen mit der Nummer 3477 erst im Juli 1982 verkauft wurde. 

Vielleicht war es dann doch ein früheres Ereignis, welches mir auch noch tief im Kopf eingebrannt ist. Ich hatte, wie wohl die meisten Kinder hierzulande, ein Bobbycar, in rot. Mit dem bin ich wohl immer durch unseren Garten und den Hof gerast. Dabei ist wohl irgendwann ein Rad abgebrochen. Mein Opa, der gelernter Schreiner war, sollte das wieder reparieren. Also fuhren wir, mit dem Bobbycar im Kofferraum, zu meinen Großeltern, die wir mindestens 2 Mal die Woche besucht hatten. Ich war dabei, als mein Vater meinem Opa das Bobbycar in die Werkstatt gebracht hatte. Das war das letzte Mal, dass ich mein geliebtes Bobbycar gesehen hatte. Mein Opa hatte es scheinbar nicht reparieren können und somit konnte ich damit nicht mehr spielen. (Heute bin ich der, dem meine Kinder regelmäßig Spielzeug in meine Werkstatt bringen, das ich dann reparieren soll.)

v.l.n.r.: Oma Anni, ich, meine Mama Brigitte, stehend mein Opa Anton, meine Uroma (etwa 1980)

Ich kann mich auch ein einen Tag in meinem frühkindlichen Leben erinnern, an dem unsere Ur-Großmutter zu Besuch kam. Eine uralte Frau, sehr dünn. Ich hatte, wie so oft, meinen alten ausgedienten Fotoapparat in der braunen Ledertasche um meinen Hals und machte von allem und jedem fiktive Fotos. Dass es so war, davon zeugen zahlreiche Fotos, die allerdings meine Eltern von mir gemacht hatten. Ob ich mich an diesen Tag aber wirklich erinnern kann, oder ob er durch die Fotos in meinem Kopf geblieben ist, kann ich aber nicht mit 100%iger Sicherheit sagen.